Unser Entscheidungsverhalten wird von verschiedenen Aspekten beeinflusst. Wie wir eine Situation wahrnehmen, welche persönlichen Vorlieben wir haben oder welche Informationen uns zur Verfügung stehen, sind solche Aspekte. In der Wissenschaft gibt es viele Disziplinen, die sich mit dem menschlichen Entscheidungsverhalten beschäftigen und darin nach erklärbaren Mustern suchen. Wie also trifft der Mensch seine Entscheidungen?

Eine weit verbreitete Theorie, wenn es um die Erklärung von Entscheidungssituationen geht, ist die Rational-Choice Theorie und die Annahme des Homo Oeconomicus. Sie findet in den Wirtschafts- wie auch in den Sozialwissenschaften breite Anwendung, obwohl viele Elemente der Theorie in diversen Studien immer wieder widerlegt werden.
Homo Oeconomicus
Im Verhaltensmodell des Homo oeconomicus wird unterstellt, dass menschliches Verhalten durch «Rationalität» erklärt werden kann. Die elementare Annahme dabei ist, dass der Mensch sich ständig in Entscheidungssituationen wiederfindet, in denen er nicht allen seinen Bedürfnissen gleichermassen nachkommen kann. Die zu treffende Entscheidung wird dann von zwei Elementen, den individuellen Präferenzen des Individuums sowie dem vorhandenen Handlungsspielraum, beeinflusst. Das heisst, der Homo oeconomicus maximiert seinen individuellen Nutzen unter gegebenen Restriktionen zur Realisierung der eigenen Präferenzen – und nur unter Berücksichtigung der Präferenzen von anderen, wenn diese eine Einschränkung des Handlungsspielraums verursachen. Oder er versucht mit kleinstmöglichem Aufwand möglichst viel Mehrwert für sich selbst zu generieren. Der individuelle Nutzen ist dabei nicht auf materielle Werte beschränkt, sondern kann auch immaterielle Aspekte betreffen (z.B. soziale Wertschätzung). Restriktionen können gesetzliche Vorgaben, soziale Normen oder Zeit sein, wobei dies die jeweilige Situation definiert, in der er sich befindet.
Persönliche Vorlieben
Nun wissen wir aber, dass sich der Mensch – glücklicherweise – nicht konsequent so verhält und das theoretisch beschriebene Verhalten ein Modell bleibt. Die persönlichen Vorlieben sind unter anderem geprägt von der sozialen Umwelt, in der sich jemand befindet und in der er sozialisiert wurde. Auch wenn beispielsweise der grösstmögliche Nutzen am Self-Checkout in der Migros wäre, Artikel nicht zu scannen, wird dies durch die soziale Norm «Du sollst nicht stehlen» verhindert. Hier wirkt also der «moralische Kompass» stärker als die Nutzenmaximierung. Wobei dieser Fall eine gewisse Präferenzordnung zeigt, denn Menschen wägen in ihren Entscheidungssituationen ab, welche Möglichkeiten sie haben und welche Handlung sie innerhalb der vorhandenen Alternativen bevorzugen. Wer alle Artikel scannt, gewichtet die Komptabilität zur sozialen, gemeinsam geteilten Norm höher als den persönlichen Nutzen. Was noch nicht per se "irrational" ist.
Informationen als wichtiges Element zur Entscheidungsfindung
Welche Informationen uns in einer bestimmten Situation zur Verfügung stehen, beeinflusst unser Entscheidungsverhalten klar. Je mehr wir wissen, desto fundierter können wir die verschiedenen Alternativen abwägen und die Entscheidung treffen. Die Crux dabei ist, dass uns kaum je vollständige Informationen zur Verfügung stehen. Das kann in der alltäglichen Situation mit kleineren Auswirkungen oder bei einer Entscheidung mit potenziell grösseren Konsequenzen vorkommen. In der Theorie wird dies «der Schatten der Zukunft» genannt. Dieser wird vor allem relevant, wenn es um Entscheidungssituationen geht, in denen soziale Interaktion stattfindet, d.h. wenn mindestens eine andere Person von der Entscheidung betroffen oder abhängig ist. Wir müssen also in unseren Entscheidungen antizipieren, welchen Einfluss die heutige Entscheidung auf unsere Zukunft haben wird und wie sie sich auf unsere sozialen Beziehungen auswirkt.
«Entschiedenheit und Folge sind nach meiner Meinung das Verehrungswürdigste am Menschen. Man kann die Ware und das Geld nicht zugleich haben.» Johann Wolfgang von Goethe
Entscheidungsverhalten
Dies war nur ein sehr oberflächlicher und kurzer Ausflug in die Komplexität des menschlichen Entscheidungsverhaltens. Die Wissenschaft hat viele Ansätze, unser Verhalten in Entscheidungssituationen zu analysieren. Hier wurde nur einer davon sehr rudimentär skizziert. Und doch ist spannend, wie stark diese beschriebenen Aspekte in unsere täglichen Entscheidungen einfliessen. Eigene Vorlieben gegenüber den sozialen Normen gegenüber den Präferenzen in unserem sozialen Umfeld gegenüber den vorhandenen Informationen wägen wir stetig, wenn auch meist unbewusst ab, bevor wir entscheiden. Hilfreich dabei ist, die eigenen Vorlieben zu kennen, die Rangordnung dieser persönlichen Präferenzen zu hinterfragen und sich dem bewusst zu werden. So entscheiden wir vielleicht nicht besser, aber wahrscheinlich richtiger. Und zwar als Mensch als Teil eines sozialen Umfelds innerhalb einer Gesellschaft mit gemeinsam geteilten Werten und Normen – auch wenn wir dabei manchmal unseren ganz persönlichen Nutzen zum allgemeinen Wohl etwas zurückstecken.
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